Das Kleid, Juli 2019, 30 x 21 cm, Gouache auf Papier
Ein kritischer Blick aus blauen Augen trifft den Betrachter des Bildes.
"Was willst Du? " fragt dieser Blick. "Was siehst Du? Siehst Du mich oder mein Kleid? Fragst Du Dich, was meine Geschichte ist oder kommst Du mit Deiner Geschichte und erkennst Dich wieder in dem, was Du siehst? Mein Kleid ist wie eine Haut, die etwas erzählt, mein Körper erzählt eine Geschichte von mir, von meinen Ahnen, er erzählt aber auch von Dir, von Deinen Ahnen. Ich bin mehr als ein rotes Kleid, ich bin mehr!" sagt dieser Blick "Schau' genau hin, dann wirst Du es sehen."
Katrin Königsmann erblickt am 26. Februar 1970 mit ihrer Zwillingsschwester Doris in einem "Buschkrankenhaus" in Tansania das Licht der Welt. Sie hat drei jüngere Schwestern, ihr Vater arbeitete in dieser Zeit als evangelischer Missionar.
Afrika habe sie und ihre Kunst stark geprägt. Bis heute liebe sie die afrikanische Kunst und die farbenprächtige Mode.
Auch die Tatsache, mehr oder weniger in einem „Frauenhaushalt“ groß geworden zu sein hat ihren künstlerischen Werdegang stark geprägt. Ihre Mutter habe ihre Kreativität immer unterstützt und gefördert. Schon als kleines Mädchen habe sie am liebsten an einem Tisch gesessen und gemalt.
Malen bzw. kreativ sein sei wie eine Meditation für sie. Sie könne sich stundenlang in einem Mundwinkel verlieren oder in Haarbergen versinken. Sie male solange bis das Bild mit dem Gefühl in ihrem Bauch übereinstimmt, bis es die Geschichte erzählt, die sie erlebt oder gedacht oder gehört oder gesehen hat. Es beruhige sie, etwas zwischen ihren Händen entstehen und dann wieder los zu lassen. Sie komme bei sich an, sie male sich mitten ins Leben und in die Gegenwart hinein. Ihre Hände seien eigentlich immer in irgendeiner Form beschäftigt und sie sei immer auf der Suche nach neuen Bildern.
Im Juni 1990 hat sie ihr Abitur an einem Mädchengymnasium in Coburg gemacht und danach ein Praktikum als Bühnenbildassistentin am dortigen Landestheater absolviert. Nachdem sie an mehreren Kunsthochschulen abgelehnt wurde, studiert sie Englisch und Spanisch.
Aber das Malen lässt sie nicht los.
Sie bricht ihr Studium ab und beschließt freischaffende Künstlerin zu werden. Ihren Lebensunterhalt verdient sie u.a. mit Engagements als Clown, der Kinder und Erwachsene bemalt und sie arbeitet in verschiedenen Kneipen und Cafés als Bedienung und Köchin.
Im September 2003 beginnt sie eine Ausbildung zur Ergotherapeutin. Die Ergotherapie, sagt sie, sei ein sehr kreativer und menschennaher Beruf und passe deshalb gut zu ihr.
Seit einigen Jahren baut sie Skulpturen aus Pappmaschee. Fast immer Frauen, was sonst? Jede hat eine Aufgabe und ist nicht nur ein dekorativer Staubfänger. Ihre Figuren schmücken Dosen oder verstecken in ihrem Körper ein Geheimfach oder sie bewachen die Schlüssel am Schlüsselbrett.
Mit Anfang 20 waren ihre Bilder kritischer und wütender als heute. "Das ist einfach so, wenn man jung ist", sagt sie, "da stellt man alles in Frage".
Sie beschäftige sich viel mit der deutschen Nachkriegsgeschichte. Als junge Frau drückte sie ihre Meinung radikal aus. Die Menschen reagierten nicht immer positiv auf ihre Bilder.
Sie malte eine Frau am Kreuz, die eine Tochter in sich trägt. Eine Tochter, die ungeboren bereits mit den Wundmalen ihrer Mutter gezeichnet ist.
Sie wollte thematisieren, dass Geschichte vererbt und Verhaltensmuster von Generation zu Generation weitergegeben werden. Dies geschehe unbewusst. Und zwar solange, bis es sichtbar gemacht werde und so bewältigt und beendet werden könne.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde viel deutsche Geschichte im Nebel verschleiert, die Deutschen seien ihrer Meinung nach ein Volk des Verschweigens. Das sei nicht spurlos an der Nachkriegsgeneration und den Generationen danach vorbeigegangen. Und genau das versuchte sie damals in ihren Bildern zum Ausdruck zu bringen.
Heute sagt sie, seien ihre Bilder nicht mehr so radikal, aber sie provoziere nach wie vor gerne. "Ich mag keine langweiligen Bilder, ich möchte etwas fühlen und zum Denken angeregt werden, wenn ich vor einem Bild stehe, egal ob es ein Picasso, eine Frida Kahlo oder ein unbekannter Künstler ist."
Sie sei in der Gegenwart angekommen und male, was sie erlebe, was ihr über den Weg liefe.
Hühner zum Beispiel, sie liebe Hühner! “Mit Hühnern fühle ich mich verbunden! " lacht sie. "Die Geschichte mit dem Huhn und dem Ei kreist ständig in meinen Gedanken."
Heute höre sie neugierig auf das, was Betrachter ihrer Bilder sagen und fühlen. "Manche fühlen gar nichts! " stellt sie fest. Und das sei völlig in Ordnung so.
Einige ihrer Kunstwerke stellt sie im Teeladen ihres Mannes am Neustädter Kirchenplatz in Erlangen aus. Dieser sei so etwas wie ihre "persönliche Galerie".
Die Hühnerhirtin, November 2018, 29 x 15 cm, Gouache auf Papier